Meine Denkweise -  Historische und philosophische und Grundlagen der Heilkunst und der Destilation

Viele unserer heutigen Denkweisen fußen bekannter Weise auf den Lehren der Antike oder des christlich geprägten Mittelalters. In groben Zügen möchte ich die Denkweise von einigen der großen Vordenker aufzeigen und welchen Einfluss sie auf die Heilkunst und u.A. die dabei verwendete Destillation zur Erzeugung von Heilmitteln hatten.
Man kann durchaus sagen, dass auch ihre Denkweisen meine Ausbildung und meine Denkweise beeinflusst haben.

Die Geschichte und Grundlagen der Destillation sind bereits seit der Jungsteinzeit bekannt. Dort wurde mit einfachsten Mitteln Pech und Teer zur Abdichtung von Schiffen und als Klebemittel destilliert.

 

Erste Darstellungen von Destillen fanden sich in Mesopotamien und sind ca. 5500 Jahre alt.

In der Antike wurde so ätherische Öle als Riech- und Duftstoffe gewonnen. Bereits Aristoteles beschrieb im 4. Jahrhundert v.Chr. die Herstellung von Trinkwasser aus Meerwasser. Schon er bemerkte, dass auch Weine und andere Flüssigkeiten diesem Verfahren unterzogen werden können….

 

Mit der Erfindung des Destillierhelms wurde dann die Herstellung von Alkohol möglich.

 

Ab dem 14. Jahrhundert wurde die Destillation vornehmlich in der Alchemie und so auch zur Erzeugung von Heilmitteln eingesetzt.

 

Fälschlicherweise wird im Allgemeingebrauch „die Alchemie“ immer mit der Herstellung von Gold oder der Suche nach dem Stein der Weisen in Verbindung gebracht.

Alchemie bezeichnet, gemäß Wikipedia, ab dem 1./2. Jahrhundert die Lehre von den Eigenschaften der Stoffe und ihren Reaktionen. Sie ist ein alter Zweig der Naturphilosophie und wurde im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts von der modernen Chemie und der Pharmakologie begrifflich abgetrennt und schließlich durch diese Fächer ersetzt.

 

Die Arbeit der Alchemie und der Spagyrik wurde zur Produktion von Heilmitteln eingesetzt.

Dieses erfolgt stets in 3 Stufen:

  • Separation (Trennung)
  • Purifikation (Reinigung)
  • Kohobation (Wiedervereinigung)

Diese Arbeiten führen nach der Erfahrung der Großmeister der Alchemie zu einer Erhöhung der (Heil-) Kräfte der Ausgangssubstanz.

 

Genau dieser Prozess erfolgt auch bei der Herstellung eines Destillats, z.B. aus einer Fruchtmaische, mit dem Ziel der Konzentration und der Konservierung des Aromas der eingesetzten Stoffe.

  • Separation: Trennung von Alkohol, Feststoffen und Wasser
  • Purifikation: Reinigung des Destillates von unerwünschten Stoffen
  • Kohobation: Wiedervereinigung mit Wasser zum Einstellen der richtigen Trinkstärke.

  

Somit hat das Erzeugen eines Destillats seinen philosophischen und technischen Ursprung bei den Großmeistern der Alchemie im Mittelalter. Deren Philosophie und Denkgebäude beruht im Wesentlichen auf der ägyptischen „hermetischen“ Tradition. Sie wurde in den Tempeln von Memphis und Theben gelehrt, von den Pharaonen und den Priestern überwacht und jeweils mündlich weitergegeben.

 

Araber vermittelten die theoretischen und praktischen Grundlagen ihrer Heilkunst an die Europäer, die sie dann mit den christlichen Traditionen verschmolzen.

Einer der berühmtesten Vertreter der Alchemisten, Paracelsus, nannte gem. Olaf Rippe in seinem 1530 verfassten Werk „Paragranum“ die 4 Säulen, auf denen die Heilkunst/Medizin stehen sollte: Philosophie, Astrologie, Alchemie und Tugend.

 

Unter „Philosophie“ verstand Paracelsus die Liebe zur Schöpfung, die Kenntnis von den Signaturen der Pflanzen und den unsichtbaren, geistigen Kräften, die das Leben und die besonderen Eigenschaften bewirken. Diese Urkraft ist nach hermetischer Vorstellung die göttliche Trinität. Sie beseelt als „Quintessenz“ die „4 Mütter des Lebens“, die Elemente Feuer, Erde, Wasser und Luft.

 

Die „Astrologie“ beschreibt dann die Wirkung dieser unsichtbaren Kräfte in der sichtbaren Welt durch den Lauf der Planeten. Durch sie ergeben sich Zusammenhänge zwischen Kosmos, Natur und Mensch.

 

Die „Alchemie“ verbindet Philosophie und Astrologie, indem durch spagyrische Verfahren das Geistartige der Substanzen heilend zur Wirkung gebracht wird.

 

Und schließlich nannte Paracelsus die „Virtus“, die Tugend des Heilers, ohne die alle anderen Säulen auf Sand gebaut wären.

  

Der im 16. Jahrhundert lebende Benediktinermönch Basilius Valentinus, der eine Autorität in der Alchemie war, gibt uns fünf Ratschläge, um zu einem guten und heilkräftigen Resultat der Arbeit zu kommen. Ich finde diese bezeichnend, da sie 1:1 auf die Herstellung von Bränden zutreffen kann und deren Basis ist:

 

1. Die Anrufung Gottes

Die Anrufung Gottes war gem. Manfred M. Junius für jeden Heiler der Anfang und das Ende jeder Absicht und jeder Handlung. (Manfred M. Junius war Professor für indische Musik, Doktor der Ayurvedamedizin und ein multilingualer Suchender ganz im Sinne der alchimistischen Traditionen.)

 

So lautete z.B. ein schlichtes Gebet von Paracelsus:

„…weise mir, was ich nicht weiß und lehre mich, was ich nicht kann, und gib mir, was ich nicht habe. Gib mir die meinigen 5 Sinne, dass Du wohnest drinnen. Mit den sieben Gaben sollst Du mich begaben und soll Deinen göttlichen Frieden haben. Lehre und weise mich, dass ich recht leben kann mit Gott und meinem Nächsten…“

  

Für Interessierte:

Die 5 Sinne: Sehen, Hören, Fühlen, Schmecken und Riechen. Heute zzgl. Gleichgewicht und Bewegung

Die 7 Gaben: Weisheit, Einsicht, Rat, Erkenntnis, Stärke, Frömmigkeit, Gottesfurcht

 

Bezug zu Destillation: Der Respekt vor dem Produkt und vor Gottes Natur ist stets Basis des Handelns.

 

2. Die Betrachtung des Wesens

Welches ist die Materie, die Form, die Farbe, der Geruch, die Wirkung? Welchen Nutzen kann es bieten? Ist es gesund oder ungesund? Wie kann es aufbereitet werden?

 

Basilius fordert uns auf, die Prozesse „durchzumeditieren“, bevor wir zur Tat schreiten.

 

Bezug zu Destillation: Welche Früchte nehme ich und wie ist das optimale Vorgehen bei der Einmaischung und beim Brennvorgang, um ein optimales Ergebnis zu erzielen?

  

3. Die unverfälschte Bereitung

Hier folgt nun der Betrachtung = Theorie die Praxis. Basis für sie sind die richtige Einstellung, die Hingabe, die Erfahrung und das Können.

 

Bezug zu Destillation: Wie setze ich die Brennparameter und Einstellung der Destille, um ein optimales Ergebnis zu erzielen?

 

4. Der rechte Gebrauch

Basileus sagt: „….musst du demnach den Gebrauch in acht nehmen des Gewichts, dass du der Sachen nicht zu viel oder zu wenig thust….“

Bezug zu Destillation: Der Destillateur hat Vor-, Haupt- und Nachlauf sauber zu trennen, um ein optimales und reines Produkt zu erhalten

 

5. Der Nutzen

Hier steht die richtige Dosis im Mittelpunkt. Je nach der Dosis wird sich zeigen, „… was die Würckung Guts zur Nutzbarkeit bracht.“

 

Bezug zu Destillation: Es liegt völlig auf der Hand, dass es auch beim Genuss der Destillate auf die richtige Menge ankommt….

Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass die Vorstellung der Trinität universell ist und in vielen Kulturen als die geistige Urkraft des Seins betrachtet wird. Sie bilden eine „Einheit der Dreiheit“:

 

- Christentum: Vater, Sohn, Heiliger Geist

- Veda: Brahma, Vishnu und Shiva

- Im alten Ägypten: Isis, Osiris, Horus

- Die dreifache Weisheit des Hermes Trismegistos: Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft

 

So gibt es auch in der Alchemie eine Trinität: Merkur (Lebensprinzip, Lebensgeist), Sulphur (Seele, Bewusstsein), Sal (das Feste, Körper, Materie).

Sie werden als philosophische Prinzipien bezeichnet.

Sie sind unseren Sinnen zugänglich in Form der 4 Elemente Erde, Feuer, Luft und Wasser mit den Eigenschaften kalt, feucht, trocken und heiß. Sie werden komplettiert von der alles verbindenden Quintessenz als fünftes Wesen innerhalb der 4 Elemente. Der katalanische Alchemist Raimundus Lullus (ca. 1235-1315) sagt über die Quintessenz. „Sie macht alles, und ohne sie kann nichts gemacht werden“.